Stressbelastung von Rothirschen (STMUG/LGL)
Untersuchungen zur Stressbelastung von Rothirschen im Rahmen tierseuchen-rechtlicher Eingriffe
Im Freistaat Bayern befinden sich ungefähr 40% aller Gehegewildhaltungen des Rot-, Dam- und Sikawildes Deutschlands d.h. ungefähr 2500 Betriebe. Aufgrund des hohen bayerischen Zuchtstandards werden immer wieder Hirsche in andere Staaten der Europäischen Union verbracht oder in Drittländer exportiert. Dieser Vermarktungsweg gewinnt zunehmend an Bedeutung.
Eine Vielzahl von rechtlichen Vorgaben in verschiedenen Rechtsvorschriften (siehe: Empfehlungen zum Transport von Rot-, Dam- und Sikawild des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, 2009; Deutsches Tierschutzgesetz) geben für den Gehegewildhalter die Bedingungen für den ordnungsgemäßen Fang, die Verladung und den Transport der Hirsche vor. Im Arzneimittelrecht sind die Regeln für die Anwendung z.B. der Immobilisation der Tiere und die daraus resultierende notwendige Wartezeit für essbares Gewebe eindeutig festgesetzt. Darüber hinaus definiert nun das Tierseuchenrecht z.B. seine Anforderungen an das innergemeinschaftliche Verbringen d.h. hier den Handel mit Zuchthirschen innerhalb der Europäischen Union.
Hierzu gehören auch die Vorschriften zu den anzeigepflichtigen Tierseuchen Brucellose und Tuberkulose, die besagen, dass in dem Betrieb aus dem die Tiere stammen in den letzten 42 Tagen vor dem Verladen der Tiere kein Fall dieser Tierseuchen festgestellt worden sein darf. Zusätzlich müssen in den letzten 30 Tagen vor der Verbringung die Tiere mit negativem Ergebnis auf Brucellose (Bluttest) und Tuberkulose (Hauttest) untersucht worden sein. Das Ergebnis der Tuberkuloseuntersuchung muss nach 72 h (+/- 4h) abgelesen werden (Ablesen der Hautdicke). Da es für Zuchtwild kein Seuchentilgungsprogramm für Tuberkulose und / oder Brucellose gibt kann eine Bestätigung der Seuchenfreiheit des Herkunftsbestandes (wie z.B. bei Rindern) durch das zuständige Veterinäramt nicht gegeben werden. Diese amtstierärztliche Gesundheitsbescheinigung muss jedoch 24 h vor dem Versand der Tiere nach vorgegebenem Muster einer EU-Richtlinie (92/65EWG) durch das zuständige Veterinäramt ausgestellt werden.
Damit bleibt nur die Möglichkeit der Einzeltieruntersuchung d.h. Untersuchung auf Brucellose mittels Blutprobe bzw. der Intrakutantest auf Tuberkulose analog dem Test bei Rindern. Dies bedeutet, dass die tierseuchenrechtlichen Bestimmungen einen zweimaligen direkten Tierkontakt erforderlich machen. Wegen des Wildtiercharakters von Gehegewild müssen die Tiere dazu in der Regel jeweils immobilisiert werden, wenn keine geeignete Fanganlage zur Verfügung steht. In der gängigen Praxis von Wildhaltern werden die international zu transportierenden Rothirsche während der 3-4 Tage, die bis zum Ablesen des Tuberkulintests erforderlich sind, in einer Einzelbox gehalten, um ihnen das Risiko einer wiederholten Immobilisierung zu ersparen.
Hier setzt nun Untersuchung zur Stressbelastung von Rothirschen im Rahmen von tierseuchenrechtlichen Eingriffen an, denn die Haltung in solchen Einzelboxen, deren Mindestgröße, Ausstattung und die weiteren rechtlichen Vorgaben in den Empfehlungen des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit festgelegt sind (2009), führt zu einer Unterdrückung einer Vielzahl von natürlichen Verhaltensmustern und dürfte eine erhebliche Stressbelastung für den jeweiligen Rothirsch darstellen.
In den Untersuchungen soll die durch eine solche Haltung bedingte Stressbelastung der Rothirsche durch die Messung typischer Stressparameter quantifiziert werden.
Die Förderung des Vorhabens erfolgt aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).
Ansprechpartner: Dr. Caroline Wöhr, Prof. Dr. Michael Erhard